Armut ist (noch immer) weiblich!

Forum Frauengasse beim Frauentor – einem historischen Platz, der Mut macht, neue Wege zu gehen.

Die Aktionsgruppe Fraustadt Freistadt hat mit dem ersten Forum Frauengasse am 29. Juni 2024 das Thema Armut thematisiert. Armut, von der in Österreich nach wie vor am meisten Frauen betroffen sind.
Das Freie Radio Freistadt war dabei. Am Samstag, 3.8. senden wir einen Rückblick auf die Veranstaltung.

Samstag, 3.8.
18:00 FRF-Info Spezial
Vortrag von Mag.a Johanna Steurer, Expertin der Schuldnerberatung und Statements von
Daniela Brodesser (war selbst von Armut betroffen)
Christine Lasinger (GF Frauenberatungsstelle BABSI, Freistadt),
Hedi Hofstadler und Conny Wernitznig (beide Fraustadt Freistadt)

18:35 Nahaufnahme
Dara Winter und Band, live am Forum Frauengasse

19:10 DJ-Session
DJ Andaka, live am Forum Frauengasse

FREISTADT / Das erste Forum Frauengasse mit dem Schwerpunktthema Frauen und Armut kann mit vielen Adjektiva beschrieben werden: bunt, erleuchtend, beklemmend, fröhlich, informativ, einblickend, fordernd, miteinander, sozial..
Auf jeden Fall war es eines: ein weiterer Meilenstein in der Arbeit für gleiche Chancen, gleiche Rechte und gleiche Sichtbarkeit für Frauen und Männer in Freistadt und im Mühlviertler Kernland. Erster Höhepunkt des Forums war ein fachlich inspirierten Vortrag mit Zahlen, Daten und Fakten zum Thema von Mag. Johanna Steurer, Expertin der Schuldnerberatung. Sie hat auf eindrucksvolle und aufgrund der Zahlen sehr bewegende Art und Weise berichtet, dass Armut nach wie vor weiblich ist, in den meisten Fällen unverschuldet und auf keinen Fall kommentarlos vom Tisch gewischt werden kann. Daniela Brodesser, selber vor ein paar Jahren aufgrund von Krankheit und Arbeitslosigkeit in der Armutsspirale gefangen, hat offen und ehrlich aus ihrem Leben erzählt und die Besucher:innen sehr nachdenklich gemacht. Aber auch Mut gemacht: denn Daniela Brodesser hat es geschafft, der Armutsspirale zu entkommen: „Das geht nicht, indem Menschen sagen, du bist ja selber schuld, du solltest das und musst das tun, sonder nur, wenn dich jemand an der Hand nimmt und dich aus dem Angst und Panik machenden Thema Armut rausbegleitet.

Eines wurde an dem Abend sehr schnell klar: „Niemand von uns ist gefeit vor Armut und es ist Aufgabe der Politik, speziell Frauen zu unterstützen, die aufgrund von Care-Arbeit, Haushaltsmanagement und familiär notwendiger Teilzeitarbeit am meisten von Armut – speziell im Alter – betroffen sind. Es braucht Lösungen, neue Wege, Lohn für gesellschaftserhaltende und gesellschaftsfördernde Arbeit“, bringt die Sprecherin der Aktionsgruppe Fraustadt Freistadt gemeinsam mit ihrem Team einige Forderungen aufs Tapet.

Diese Forderungen wurden und werden unterstrichen von vielen Teilnehmer:innen des ersten Forums Frauengasse. Sie haben ihre Gedanken zum Thema Frauen und Armut, ihre Anregungen und Lösungsideen in Postkästen hinterlassen, die beim Forum ausgehängt waren. Da heißt es unter anderem:

Die größten Armutsfallen für Frauen sind:
Teilzeitarbeit wegen Kindererziehungszeit, unbezahlte Care- und Pflegearbeit, laufende Kosten, die während Karenzzeit/Teilzeitarbeit nicht zu bewältigen sind, schlechte Kollektivverträge in „Frauenberufen“, Scheidung, fehlende Kinderbetreuung, ungleiche Bezahlung, Abhängigkeit vom Ehemann/Partner…

Was die Gesellschaft und vor allem die Politik dagegen tun könnten:
Gleichberechtigung und Chancengleichheit endlich in der Realität durchsetzen und nicht nur davon reden, Anrecht auf Ratenzuschuss bei Care-Arbeit/Karenz, mehr Väterkarenz verpflichtend, armutsfeste Sozialleistungen, Vorurteile gegen Armutsbetroffene ausräumen, Aufwertung der Kindererziehung, offene Gesprächskultur, mehr Informationsveranstaltungen wie das Frauenforum, verpflichtendes Pensionssplitting…

Im zweiten Teil des Forums Frauengasse hat die Musikerin Dara Winter-Contemporary Pop mit ihrer Band viele nachdenklich machende Lieder mit Texten, die zum Thema des Abends ausgewählt wurden, gespielt. Beim Tanz im Tor haben viele Frauen sich gegenseitig ihre Unterstützung signalisiert und sich gegenseitig Mut gemacht. Das hell erleuchtete Böhmertor, das eine Nacht lang wieder zum Frauentor wurde, hat seinen Beitrag geleistet. Ein historischer Platz der Mut macht, neue Wege zu gehen.

Die nächsten Veranstaltungen zum Jahresschwerpunktthema „Frauen und Armut“ der Fraustadt Freistadt sind schon in Vorbereitung: ein Frauensalon, die Übergabe der Fraustadt-Fackel an andere Städte in Österreich und eine Ausstellung zum Thema im Schlossmuseum. Text: Fraustadt Freistadt

Foto: Alexandra Grill